

Roubaix hat zwei wirtschaftliche Schicksalsschläge hinnehmen müssen: Zum Einen den Niedergang der Textilindustrie und des dazu gehörenden Maschinenbaus für Webstühle, zum Anderen auch noch das Ende des Kohlebergbaus. Wie auch in anderen Regionen Westeuropas, begonnen im Ruhrgebiet, weiter über das Saarland und Luxembourg, bis nach Belgien und Frankreich hinein, vollzieht sich ein Wandel der ökonomischen Grundlagen, es entsteht Neues, das leider nicht immer Bestand hat und Neues, das bleibt. Dazu gehören auch viele Fakultäten der Universitäten in Roubaix und Lille, die z.T. auch an das alte Textil-Know-how anknüpfen.
Vor diesem historischen Hintergrund lässt sich ein Wachsen der künstlerischen Szene beobachten. Und es ist spannend, sich mit den Themen auseinanderzusetzen, die sich hier entwickeln. Es erinnert ein wenig an das Berlin der 90er Jahre. Mit teilweise ausgesprochen subversiven Aussagen begleitet die StreetArt den Besucher überall in der Stadt.
Kunst begleitet uns in all ihren Formen nicht allein in grossen Museen, sondern auch als Textildesign, das die Jahrhunderte alten Traditionen des Webens und der Herstellung von Stoffen auf eigene Art fortsetzt.
Wer Roubaix besuchen will, sollte über den normalen Stadtbummel hinaus planen: Ein spontanes Gespräch in einem der vielen Restaurants kann Spannendes hervorbringen. Und das sind dann meist die Erinnerungen, an die sich auch noch nach Jahren gern erinnert wird.
Für die kurze Zeit unseres Besuches von Roubaix haben wir uns drei Highlights ausgesucht, die uns für diese Stadt und der jetzigen Zeit typisch erscheinen. Im Museum der Manufaktur von Roubaix sehen wir alte Webstühle, bekommen einen Einblick in die Textilproduktion bis zurück zum Mittelalter und erkennen einige Gründe, die zur Verlagerung dieser Industrie führten.
Kunst, die sich auch ihren Platz in einer alten Fabrikhalle erobert hat, fanden wir im La Condition Publique, wo internationale, zeitgenössische Kunst und aktuelle gesellschaftliche Themen den Besucher gefangen nehmen.
La Condition Publique ist aber nicht nur ein Ort, an dem man sich etwas anschauen kann, sondern erarbeitet gemeinsam mit Einwohnern, lokalen Vereinen und Partnern aus allen Bereichen zusammen für die Schaffung von Beaux Endroits, schönen Orten - Projekten, die Künstlerisches mit dem Aspekt der Teilhabe verknüpfen und wie man den öffentlichen Raum neu besetzen kann.
La Piscine ist ein sehr künstlerischer Ansatz zur Integration von Kultur in die Gesellschaft. Diese alte Badeanstalt blieb kein Schwimmbad. Es wird zum Herzstück der Entwicklung des historischen Zentrums von Roubaix. Allein die Geschichte des Schwimmbads ist beispielhaft. Roubaix ist eine Industriestadt, die ihren Wohlstand einigen grossen Industriellenfamilien verdankt, aber auch einer Tradition von Arbeitern mit aktiven Gewerkschaften. Dieses Zusammenwirken von paternalistisch gefärbtem Industriestolz und einer resilenten Volkskultur verleihen der Stadt und ihrem Museum ihren Charakter.
Arras, drittgrösste Stadt des Pas-de-Calais, ist für ihre beiden wunderschönen gepflasterten Grand Place und Place des Héros berühmt.
Eine knappe Stunde von Calais entfernt ist Béthune eine attraktive, lebendige Kleinstadt zwischen Arras und Saint-Omer gelegen.
Wir finden, Boulogne ist der interessanteste der französischen Kanalhäfen und das ist ein guter Grund, hier eine Pause einzulegen.
Lille, die Hauptstadt der Region Hauts-de-France, ist vielleicht die am meisten unterschätzte Metropole Frankreichs.
Früher eine wichtige Textilstadt und heute u.a. Herberge des atemberaubenden Art-Déco-Schwimmbads "La Piscine".
Im 7. Jahrhundert begannen Mönche, Kanäle durch den aufgeweichten Torfboden von Saint-Omer zu graben und zu kultivieren.