Viele Jahre lang hatte Marseille ein ernsthaftes Imageproblem. Abgetan wegen seiner grottenschlechten Reputation, dem Verfall der Stadt und der häufig alarmierenden Kriminalstatistik, war es lange das Schwarze Schaf an der provençalischen Küste.
Aber während es hier eher trostlos und nicht immer und überall hübsch zu sein schien - was in Cannes oder St. Tropez nicht der Fall ist - ist Marseille heute eine dynamische, mit Ecken und Kanten versehene, geschäftige Metropole mit einer mehr als 2.000 Jahre währenden Geschichte.
Und spätestens mit der Auswahl der Stadt zur Europäischen Kulturhauptstadt im Jahr 2013, gab es zusätzliche, elegante Museen und die Stadt strahlt seitdem einen nicht zu übersehenden Optimismus aus, ist sauber und wir fanden nur mit Mühe noch ein, zwei Ecken, die (noch) etwas nuschelig waren, wo aber kein Gast der Stadt (ausser uns) hin geht. Hier fanden wir die einzigen Orte, die noch irgendwie an Poppeye auf «French Connection» oder die Handlungen der Filmreihe über Kommissar Fabio Montale (Alain Delon) erinnerten. Und dennoch: ein Gefühl der Unsicherheit stellte sich nirgends ein.
Das nur einen Steinwurf vom Alten Hafen entfernte, 1983 gegründete Historische Museum Marseille ( Musée d'Histoire de Marseille ) wurde bei seiner Wiedereröffnung im Jahr 2013 komplett renoviert. Die neue Architektur stellt eine enge Verbindung zwischen der Stadt, ihrem Museum und der archäologischen Stätte her. Die siebdruckbeschichtete Glasfassade bildet den Rahmen für das gesamte Gelände des Alten Hafens, das im Garten erhalten ist, einen echten, zum Himmel offenen Museumsraum, der von der Centre Bourse unterstützt wird.
Das Gebäude beherbergt eine 3.500 m² große Referenzausstellung, temporäre Ausstellungsräume, eine Werkstatt für Studenten, ein Auditorium mit 200 Plätzen und ein Dokumentationszentrum mit einer grafischen Sammlung.
Der neue Museumsrundgang basiert auf zwei starken Ideen: Marseille ist die älteste Stadt Frankreichs und eine für das Mittelmeer offene Hafenstadt. Von diesen beiden offensichtlichen Punkten aus entdeckt der Besucher die Geschichte der Stadt durch einen maritimen Ariadnefaden, der dreizehn chronologische Abläufe verbindet, von den ersten prähistorischen Berufen bis hin zu zeitgenössischen Stadtentwicklungen.
Anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Stiftung und des Vereins Regards de Provence widmet sich das Musée Regards de Provence in seinen Räumen den emblematischen Werken, die den grossen Ausstellungen in der Zeit ihres 20-jährigen Bestehens entsprechen.
Von 1998 bis 2005 war Regards de Provence in den Salons von Château Borély untergebracht, dann von 2005 bis 2012 in den ehemaligen Salons der Bibliothek des Palais des Arts und schließlich seit März 2013 in der von Fernand Pouillon entworfenen und zu einem Museum umgebauten ehemaligen Seekrankenstation.
Das Château de La Buzine liegt im Herzen eines Tals zwischen Saint-Menet und Les Camoins, im 11. Arrondissement von Marseille. Henry de Buzens, dem adeligen Besitzer des Anwesens im 17. Jahrhundert, verdankt das Anwesen seinen Namen.
Marcel Pagnol kaufte La Buzine 1941. Sein Projekt: Sie zu einer Filmstadt zu machen und so einen echten "Hollywood Provençal" zu schaffen. Er erkennt das Schloss, dessen Besitzer mit seinem Hund in seiner Kindheit seine Mutter auf dem Weg in die Ferien erschreckt haben.
Nach mehrjährigem Leerstand kaufte die Stadt das Schloss und beauftragte das internationale Architektur- und Stadtplanungsbüro Stern mit der Renovierung, das es wieder zum Leben erwecken sollte, indem es Tradition und Moderne in Stein vereint. Heute ist das Château de La Buzine ein einzigartiger Ort in der regionalen Kulturlandschaft, lebendig und offen für alle. In einem weitläufigen, vier Hektar großen Park, der von sieben Hügeln umgeben ist, wird das Château de La Buzine zum Gesicht der Verbindung zwischen Geschichte und zeitgenössischer Kunst, Natur und Kulturerbe.
Natürlich besuchen wir auch das Château d'If. Der Ort, an dem die unsterbliche Novelle von Alexandre Dumas spielt: Der Graf von Monte Christo. Dieser Ort ist in den vergangenen Jahren hergerichtet worden. Es gibt nur noch ganz wenige Stellen auf dieser Insel, die für Besucher gesperrt sind - weil dort die Restauration noch nicht abgeschlossen ist.
Hier kommt von uns aber ein ganz grosses «Aber...» : 2011 steckten die Arbeiten draussen noch in den Kinderschuhen und im Innenbereich waren die Zellen erkennbar alt, düster, und wir konnten die Frustration des Grafen von Monte Christo, resp. der realen Gefangenen gut nachvollziehen - besonders, wenn die Altstadt von Marseille durch die kleinen Fenter im Abendlicht glänzt. Jetzt, bei unserem neuerlichen Besuch, empfanden wir die (ronovierten) Zellen als geradezu adrett für den nächsten Gast zurecht gemacht.
Schade eigentlich.